IKONAR
Archival Constellations
Ikonar ist der Spitzname, den Josef Koudelka von einer Gruppe Roma erhielt. Weil sie seine berühmten Fotos von Roma-Gemeinschaften als quasi-religiöse Ikonen in ihrer Gebetsstätte verwendeten, sahen sie in ihm einen „Ikonar”, einen Ikonenmacher. Aber Koudelka ist nicht nur ein weltweit anerkannter „Schöpfer von Fotografien”, sondern auch ein produktiver „Sammler von Bildern”. IKONAR. Archival Constellations macht eine Vielzahl Materialien aus den Jahren 1960 bis 2012 zugänglich, einige davon unveröffentlicht. Sie wurden aus den über 30.000 Kleinbildkontaktbögen seines Archivs ausgewählt. Anlässlich der gleichnamigen Ausstellung im Photo Elysée in Lausanne werden wichtige Serien aus Koudelkas fotografischem Werk zusammen mit sieben thematischen Konstellationen gezeigt, die sich aus der Logik seines Archives ableiten. Die Ausstellung erlaubt so eine neue Art der Zusammenschau von Koudelkas Arbeiten und gibt Einblick in deren Entstehungs-, und Entwicklungsprozesse. Josef Koudelka, geb. 1938 in Boskovice, Tschechien, lebt in Paris. 1971 wurde er Mitglied der Fotoagentur Magnum. Koudelka erhielt zahlreiche Auszeichnungen, darunter den französischen Grand Prix National de la Photographie (1987), den Henri Cartier-Bresson Award (1991) und den International Center of Photography Infinity Award (2004). Stuart Alexander ist Fotografiehistoriker und Verleger bei Delpire & Co, Paris. Tatyana Franck war von 2015 bis Januar 2022 Direktorin des Photo Elysée. Lars Willumeit arbeitet als Kurator für das Photo Elysée in Lausanne, Schweiz.
Bildautor*innen: Josef Koudelka
Textautor*innen: Stuart Alexander, Tatyana Franck, Lars Willumeit
Gestaltung: Fabian Bremer, Pascal Storz
Herausgeber*innen: Photo Elysée
Verlag: Spector Books
ISBN: 9783959056304
Laudation von Dr. Peter Pfrunder
Fotostiftung Schweiz, Winterthur (CH) | Direktor
Das Buch «Josef Koudelka, Ikonar – Constellations d’archives», publiziert von Photo Elysée und Editions Noir sur Blanc, beleuchtet das Werk des legendären Magnum-Fotografen auf ungewöhnliche Weise: Im Gegensatz zu anderen monografischen Darstellungen, die die bekanntesten Bilder Koudelkas in immer neuen Variationen feiern, gelingt es dem Herausgeber Lars Willumeit, die Prozesse, die Philosophie und die Arbeitsweisen sichtbar zu machen, die hinter Koudelkas bedeutenden Leistungen stehen. Willumeit hatte das Privileg, das umfangreiche Archiv des Fotografen gründlich sichten und auswerten zu können – Negative, Kontaktkopien, Abzüge, Druckvorlagen, schriftliche Aufzeichnungen, Belege. Und er wusste die Chance zu nutzen: Die neue Monografie setzt diese Archivalien nicht nur als sekundäres Material für Illustrationen ein, sondern stellt sie fast gleichwertig den Meisterwerken gegenüber, die in fünf sogenannten «Portfolios» präsentiert werden. In den dazwischen geschobenen «Archivkonstellationen» wird deutlich, wie wichtig die verschiedenen Schichten des Archivs für das Verständnis von Koudelkas Arbeit sind: So lässt sich etwa der Weg vom Negativ zum finalen Bild, aber auch die enge Verflechtung zwischen Leben und Werk des Fotografen verfolgen. Das Editieren, das Konzipieren von Büchern und Ausstellungen sowie die Neuinterpretation von älteren Arbeiten erweisen sich als wesentliche Komponenten seines Schaffens. Und die im Archiv enthaltene Selbstdokumentation ist deshalb so aufschlussreich, weil sie die Zeitzeugenschaft mit der subjektiven Bildsprache verbindet. Abgerundet wird die im eigentlichen Wortsinn tiefschürfende Monografie durch eine fundierte Fallstudie von Stuart Alexander zum Schlüsselwerk «Gitanes».
Die Jury verleiht dem Buch «Josef Koudelka. Ikonar» die Goldmedaille in der Kategorie «Bildband fotografische Ausstellung» und würdigt damit eine inhaltlich wie auch formal herausragende Leistung.