Ohlauer Ecke Wienerstrasse
Im Sommer 2020 erhielten die Mieter und Mieterinnen des Hauses Ohlauer Ecke Wienerstraße einen Brief von ihrer Hausverwaltung. Der langjährige private Besitzer hatte das für Berlin so typische Wohn- und Geschäftshaus aus der Zeit der Jahrhundertwende an die Schweizer UBS Pensionskasse verkauft. Die Hausbewohner nahmen daraufhin Kontakt zuein- ander auf, lernten sich teilweise überhaupt erstmal ken- nen und überlegten, wie sie einer möglichen Kündigung entgehen könnten. Plötzlich schlossen sich Kreise, neue Freundschaften entstanden, ein wohliges Gefühl von schnell organisiertem Zusammenhalt war spürbar. Dieses Gemeinschaftsgefühl gab den Anstoß zu mei- nem Fotoprojekt. Die Bewohner des Hauses zogen mit. In 11 von 17 Wohnungen waren sie bereit, ihre Türen zu öffnen und sehr private Einblicke in ihre Lebensräume zu gewähren. Das Buch versammelt spontane Blicke über Türschwel- len in Wohnungen hinein, die es in ein paar Jahren so nicht mehr geben wird. Ein Hausverkauf, der stellvertre- tend für den Ausverkauf der Stadt Berlin steht. In fast jedem Block unseres Viertels sehen sich Haus- gemeinschaften mit ähnlichen Problemen konfrontiert. Das Gefühl „dies ist unser Haus“ täuscht. Miete wird be- zahlt für einen Ort, den wir “zu Hause” nennen, der aber nie unser Eigentum sein wird. Unser Haus steht an einer Toplage. In ein paar Jahren wird es in ein Luxusobjekt verwandelt werden, das sich die derzeitige Mieterschaft aller Wahrscheinlichkeit nach nicht leisten kann. Doch der Grund, warum viele einst hierher kamen, ist ein anderes Verständnis von Luxus. Ein Lebensgefühl, das Menschen, die diesen Berliner Kiez geprägt haben, glücklich macht.
Bildautor*innen: Marvin Zilm
Textautor*innen: Nike Wilhelms
Gestaltung: Aaron Dawkins und Louise Matell
Herausgeber*innen: Marvin Zilm
Verlag: Marvin Zilm
ISBN: 9783033086982