Silbermedaille 23|24
Fotogeschichte

Fotografierte Fotografen – ein Beruf setzt sich ins Bild.

Die Sammlung Werner + Trudi Bosshard

Das 1839 vom französischen Staat angekaufte fotografische Reproduktionsverfahren war eine komplett neue Abbildungstechnik. Diese musste sich in der Öffentlichkeit etablieren. Es entstand ein Beruf und mit ihm ein sich stetig verzweigendes Gewerbe. Den frühen Fotografen und ihren Ateliers zugewandt waren Optiker, Chemielaboranten, Theatermaler, Atelierbauer, Kamerafabrikanten, Lithografen, Papierhersteller, Retuscheure und Kolporteure. Der beste Ausweis, das neue Medium unter Beweis zu stellen, waren die Produkte selber. Die Fotografen zeigten, wozu sie imstande waren, nämlich ein Bild zu erzeugen, zu vermitteln und zu verteilen. Die hier gezeigten Fotografien repräsentieren also nicht nur die abgelichteten Personen, sondern können mit den schmückenden Objekten und Requisiten als Selbstporträt des eigenen Berufsstandes interpretiert werden. In über 500 Fotografien, vor allem Carte-de-visite- und Cabinet-Formate europäischer und amerikanischer Provenienz, wird gezeigt, wie vielfältig der Beruf war. In 24, jeweils textlich kurz eingeführten Bildkapiteln wird ersichtlich, wie die Fotografie als ein Werbeträger in eigener Sache funktionierte. Eine erhellende Einleitung des Fotohistorikers Fritz Franz Vogel verortet die in der Schweizer Sammlung Werner und Trudi Bosshard liegenden Zeitzeugen, unterzieht sie einer kritischen Betrachtung und verlängert den fotografischen Diskurs bis zum selfie-Gestus und zur instagramability heutiger Abbildungs- und Distributionspraktiken. Die grossformatige, exzellent gedruckte Hardcover-Publikation schliesst eine Lücke in der Fotogeschichtsschreibung, da ein bisher kaum beachteter Bildbereich analysiert und in einen heutigen Zusammenhang gestellt wird. Bildkapitel zur Optik, zum schwarzen Tuch, zum Stativ, zum Fotogeschäft und Chemielabor, zu den Rückprospekten oder zu Fototricks verweisen auf einen breitgefächerten Berufsstand, der auch immer wieder versuchte, ästhetisches Neuland zu betreten und damit Firmenwerbung zu betreiben. Solche Avancen sind auch auf den Rückseiten von Bildern anzutreffen, wo die fotografische Muse als Lichtbringerin gefeiert wird und der bei der Bildherstellung eine grosse Engelschar zur Hand geht.

Bildautor*innen: verschiedene

Textautor*innen: fritz franz vogel

Gestaltung: fritz franz vogel

Herausgeber*innen: fritz franz vogel

Verlag: Bea&Poly, Brugg

ISBN: 978-3-905177-36-7

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