Wahala
Öl, Kohle und Gas treiben die Weltwirtschaft an – doch welchen Preis zahlen Umwelt und die Menschen an jenen Orten, an denen die Rohstoffe aus der Erde geholt werden? Der Hamburger Fotograf Robin Hinsch ist für WAHALA an diese Orte gefahren. Seine Arbeit legt die Ausbeutungsmechanismen hinter der Förderung fossiler Brennstoffe offen und dokumentiert, dass es zwischen der Zerstörung von Umwelt und Gewalt gegen Menschen keinen prinzipiellen Unterschied gibt. Hinsch legt mit seinen Fotografien die Widersprüche des Versprechens von ewigem Wachstum offen und zeigt, wie sehr das System des fossilen Kapitalismus unter seiner eigenen Last ächzt. In der Geschichte der Erde ist das ein einmaliger Moment: dass sich die Tiefenzeit des Planeten mit dem Zeithorizont einer einzelnen Art überkreuzt, die dadurch selbst zum beherrschenden geologischen Faktor aufsteigt. Der Homo sapiens ist so mächtig geworden, dass sein Aufstieg ein neues Erdzeitalter markiert – das Anthropozän. Der kleinste gemeinsame Nenner dieser Entwicklung ist Kohlenstoffdioxid. CO2 ist die Einheit des Zeitalters des Menschen. Als farb- und geruchloses Molekül können die menschlichen Sinne es nicht wahrnehmen. Das ist die erste Dimension der Unsichtbarkeit der Krise: das Nichtsehenkönnen. Die zweite Dimension ist selbst gewählt: Sie hat mit globalen Machtverhältnissen und den Mechanismen von kapitalistischer Ausbeutung zu tun. Hier entscheidet sich die Mehrheitsgesellschaft, die vom Verbrennen billiger Rohstoffe profitiert dafür, die Konsequenzen zu verdrängen. Das ist das Nichtsehenwollen. An dieser Stelle setzen die Arbeiten des Hamburger Fotografen Robin Hinsch an. Für WAHALA ist er an jene Orte gereist, an denen Erdöl und -gas, Braun- und Steinkohle an die Erdoberfläche geholt werden. Diese Orte liegen gleichermaßen im Zentrum des globalen Extraktionskapitalismus als auch in seiner Peripherie. Zentral, weil von hier die Brennstoffe der globalen Wirtschaft kommen, die alles antreiben. Peripher, weil sie sacrificed areas sind, geopferte Zonen: Gebiete, an denen langfristige Schäden an Umwelt und Menschen in Kauf genommen werden, weil das andernorts Gewinne ermöglicht. WAHALA zeigt, dass die Apokalypse dort schon begonnen hat, auch wenn es einem als Konsumenten leicht gemacht wird, das nicht zu sehen. Die Brutalität dieser Orte schafft es selten ins Bewusstsein. Für die Menschen auf den Bildern von Robin Hinsch hingegen sind sie Alltag. Was WAHALA zeigt: Zwischen der Zerstörung von Natur und der Gewalt gegen Menschen gibt es keinen prinzipiellen Unterschied. Je genauer man hinsieht, desto unschärfer wird die Trennung.
Bildautor*innen: Robin Hinsch
Textautor*innen: Dr. Sophie Charlotte Opitz
Gestaltung: Gost Books / Stuart Smith
Herausgeber*innen: Gost Books
Verlag: Gost Books
ISBN: ISBN 978-1-910401-70-5