Goldmedaille 25|26
Studentische Abschlussarbeit

Wodka&Schokolade / Водка и шоколад

»Für uns, Domoy, hat es nicht mehr gegeben.« / « Для нас, домой, больше не было. »

Im Juni 2024 begab ich mich, zusammen mit meinem Vater, auf eine Reise in das Land, in dem er und meine Mutter geboren wurden. Das Land, in das mein Opa verschleppt worden war: Kasachstan. Mein Leben lang bestand Kasachstan für mich allein aus den alten Fotos meiner Familie sowie ihren Erzählungen. Erzählungen darüber, wie viel besser das Leben hier in Deutschland sei. Erzählungen über Korruption und Missstände. Ihr Geburtsland beschrieben sie als trist, es gäbe dort nichts, bis auf die weite, unnachgiebige Steppe. Und dennoch war ich stets geprägt, beinahe getrieben von einer nicht zu stillenden Neugier. Dies hier ist eine Suche nach Antworten. Sie beginnt irgendwann zwischen November 2023 und Juni 2024. Doch eigentlich zieht sie sich bereits durch mein gesamtes Leben. Meine Suche führte mich von Deutschland nach Kasachstan und an diverse Orte innerhalb Deutschlands. Meine Suche ließ mich über 18.000 km zurücklegen.

» Was bedeutet es, nie irgendwo richtig dazuzugehören?
» Was bedeutet diese Tatsache für die nachfolgende Generation?
» Was bedeutet Heimat?
» Was macht die eigene Identität aus?
» Wer sind die Russlanddeutschen?

Entstanden ist eine zweisprachige Publikation, mit einer Vielzahl an unterschiedlichen Fotografien und Texten. Zu sehen sind meine Reise nach Kasachstan, die Geschichte meiner Familie, inklusive Archivmaterial, Interviews mit weiteren Russlanddeutschen Menschen, sowie ihre Kommentare, die mit dem weiteren Inhalt interagieren. Die weitreichende und umfangreiche Geschichte der Russlanddeutschen wird in einem weiteren Kapitel erläutert. Das Buch besteht aus 212 Seiten, wovon einige verkürzt sind. Es ergibt sich eine collagenhafte Optik, die an das teilweise zerrissene Identitätsgefühl erinnern soll. Am Ende des Buchs befindet sich ein Teil einer Grafik, den es jeweils nur ein einziges Mal gibt. Jedes Buch enthält ein anderes Stück der Grafik. Zusammen ergeben sie alle ein Gesamtbild – wie auch die vielfältigen Geschichten des Buchs.

Bildautor*innen: Kim Mayer

Textautor*innen: Kim Mayer

Gestaltung: Kim Mayer

Herausgeber*innen: Kim Mayer

Verlag: Self-Publishing

Verlag Bestell-Link: Wodka&Schokolade / Водка и шоколад

ISBN: /

Laudation von Victor Balko
Grafikdesigner, Frankfurt am Main

Kim Mayers Buch »Wodka und Schokolade« entstand im Rahmen ihrer Masterthesis an der HFK Bremen und erzählt die Geschichte der Russlanddeutschen, die sich nach dem Ende des zweiten Weltkriegs in großer Zahl im zentralasiatischen Kasachstan wiederfanden und dann mit dem Zerfall der Sowjetunion Anfang der 1990er Jahre nahezu vollzählig nach Deutschland emigrierten.

Mehr als 30 Jahre nachdem ihre Eltern von Kasachstan nach Deutschland übersiedelten, besucht Kim Mayer erstmals das Land, welches ihr durch ihre Familiengeschichte gleichzeitig fremd und vertraut ist.

Mit ihrer Kamera ist sie auf der Suche nach ihrer Identität. Sie ist auf der Suche nach Antworten auf Fragen wie: »Was bedeutet Heimat?« oder: »Was bedeutet es, nie irgendwo richtig dazuzugehören?«.

Die Fotografien in diesem Buch sind teils dokumentarisch, teils als Stillleben arrangiert. Es gibt Archivaufnahmen sowie Portraits – von Menschen, die eine ähnliche Geschichte wie die Fotografin haben und in Interviews davon erzählen.

Alle Texte im Buch sind zweisprachig Deutsch und Russisch gesetzt und farblich abgetrennt. Ein greller Cyan-Farbton (das in Kasachstan allgegenwärtige Himmelblau der Nationalflagge) ist als primäres Gestaltungselement auf allen Seiten, auf Vor- und Nachsatz und sogar im Heftfaden zu finden.

Unterschiedlichste Bildformate, verkürzte Seiten, Bilder auf Bildern, Formsatz – gestalterisch passiert in »Wodka und Schokolade« so viel, dass sich zunächst ein Gefühl der Orientierungslosigkeit einstellen könnte. Doch lässt man sich zusammen mit der Fotografin auf diese Reise ein, fühlt man sich mehr und mehr mit den Protagonisten und Geschichten in diesem wunderbaren Buch verbunden und stellt fest: Nicht alle Fragen müssen am Ende des Weges abschließend beantwortet sein – vielleicht macht eben dies eine solche Reise umso interessanter.

Gratulation an Kim Mayer für dieses überaus gelungene Buch!

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