Goldmedaille 24|25
Konzeptionell-Künstlerisch

Der Müde Koch

Der müde Koch zeigt in luziden und sinnlichen Bildern weniger den Alltag in einer Küche als vielmehr die darin formulierte Absicht, sich durch die Kamera von eben dieser lohnbringenden Tätigkeit zu distanzieren. Kongenial ergänzt wird die Publikation vom melancholischen Prosa-Text Hausgemachtes von Carsten Tabel und der präzisen Gestaltung von Studio kela-mo. Felix Bielmeier studierte Fotografie an der HGB Leipzig. Er lebt und arbeitet als Künstler in Leipzig. Carsten Tabel studierte ebenfalls Fotografie an der HGB Leipzig sowie Literarisches Schreiben am Deutschen Literaturinstitut Leipzig. Er lebt und arbeitet als Autor, Künstler und Filmemacher in Leipzig. Ermöglicht durch die freundliche Unterstützung des Kulturamts der Stadt Leipzig.

Bildautor*innen: Felix Bielmeier

Textautor*innen: Carsten Tabel

Gestaltung: Studio Kela-mo

Herausgeber*innen: Felix Bielmeier

Verlag: Verlag Marian Arnd

Verlag Bestell-Link: Der Müde Koch

ISBN: 978-3-948927-43-1

Laudation von Ruth Horak
Kuratorin, Autorin und Lehrbeauftragte, Wien (A)

Das Cover zeigt Spuren der Benützung, verwischte Fingerabdrücke, als hätte jemand in die noch feuchte Druckfarbe gegriffen. Der Titel „Der müde Koch“ lässt Autobiografisches vermuten, womit naheliegt, dass die Fingerabdrücke vom Autor stammen, konkret von seinem Beruf als Koch, bei dem Hände ein zentrales Werkzeug sind, und ständig irgendwo Fingerabdrücke hinterlassen. Das eigentümliche Violett des Covers erinnert an s/w Fotopapier, das divers Lila-Braun-Töne annimmt, wenn es ans Licht kommt. Im selben Farbton ist der Text von Carsten Tabel gedruckt, der sich durch das schmale Buch zieht.

Stellvertretend für den dichten Alltag des Kochs ist eine Liste: „10 kg Hauskaninchen-Leber, 5kg Perlhuhnbrust ohne Haut, 9,45kg Iberico Schwein, 5kg Mandelkroketten, 50 Stück Kohlrolladen, 10 kg Melonenbällchen grün“ usw. Die insgesamt 42 Seiten umfassende Bestellliste zieht sich auch über sämtliche Fotografien, die ebenso nüchtern wie die Liste Einblicke in den Alltag geben: Nahaufnahmen von Fleischtassen, Blechen, Fischflossen, ein Oktopus, Muscheln, Wechselgeld. Hände zerteilen ein Stück Rind oder bedienen einen Fleischwolf usw. , bzw. repräsentieren die Fotografien nicht nur diverse Küchenobjekte, sondern vielmehr den Versuch, sich vom Alltag als Koch zu distanzieren. Denn die Fotografien sind keine appetitlich inszenierten „Food“-Fotografien, die vom Stolz des Kochs berichten würden, köstliche Gerichte zu zaubern und sie verführerisch fürs Auge anzurichten (wie wir es millionenfach aus Instagram kennen) – NEIN – sie machen deutlich, Bild für Bild und Zeile für Zeile, wie der Koch mürbe und müde wird, im Angesicht der täglichen Sisyphusarbeit.

Der spitz und zugleich charmant formulierte, wortgewandte Text von Carsten Tabel macht das Thema auf und spricht alle an, für die Kochen oder besser die tägliche Essensversorgung ein Thema ist, mit all seinen Subthemen, wie „zu wenig Zeit, nicht die richtigen Zutaten, die anschließende Entsorgung der Reste usw.“ Er führt uns übers Fastfood und „Hausgemachtes“, zu den Essenslieferdiensten, die in den 1990er Jahren mit dem großen Versprechen angetreten sind, nicht nur die KöchInnen zu entlasten, sondern wie [Zitat] „Götterboten aus dem Schlaraffenland [...] ortsunabhängig die Küchen der Welt an einem gemeinsamen Abendbrottisch zu versammeln“. Er führt uns auf Mallorca zu einem persönlichen Restaurantbesuch und natürlich in das „Mekka für Feinschmecker“, jenes Restaurant am Staudamm, das für den Koch nicht halten konnte, was es versprochen hat.

Felix Bielmeier ist 1987 in Nürnberg geboren, hat 2020 mit Auszeichnung sein Diplom in der Klasse für Fotografie und Medien bei Prof. Joachim Brohm an der HGB Leipzig gemacht. Carsten Tabel studierte ebenfalls Fotografie an der HGB Leipzig sowie Literarisches Schreiben. Beide leben und arbeiten in Leipzig.

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